Weibliche Kampfgruppe
Friederike ging jetzt zur Bundeswehr. Mit zwölf anderen Mitschülern aus dem Raum Uelzen. Genauer: drei Jungen und zehn Mädchen, Verzeihung: jungen Damen und Herren. Noch genauer: Es war der Religionskurs ihrer Schule, der diese Exkursion in die Höhle des Löwen aus Fleisch und Leoparden aus Stahl machte. Also - es ging nach Munster, um mit den Löwen zu diskutieren. Thema: ,,Christ und Waffe".
Das Tagesgeschehen bewirkte ein aktuelleres Thema als das mit den Christen an Waffen, das wahrlich nicht neu ist. Hingegen ganz neu war das oberste Gerichtsurteil, in dessen Folge Frauen in allen Bereichen der Bundeswehr zugelassen werden müssen. Brandneu war das und manche der Löwen in Uniformen fletschten die Zähne dabei. Heimlich. Nur wenige leckten sich die Lippen dabei. Auch heimlich.
Da saßen sie nun: Die in Zahl und wohl auch Wort und Argument übermächtige Gruppe junger Frauen mit ihren drei Knappen. Und gegenüber saßen um die zwanzig junge Offiziere. Repräsentanz der militärischen Macht unserer Republik.
Die jungen Offiziere - sie würden wohl auch lieber Debütantinnen-Bälle mit ihren Gesprächspartnerinnen eröffnet haben, als mit ihnen zu diskutieren - sie waren hervorragend gebrieft und wussten sehr viel von der Gesetzesformulierung und deren Auswirkungen. Frauen an die Waffen.
Die Offiziere warfen in die Bresche ihrer Argumentation, (die gegen Frauen war. Frauen an der Waffe, meine ich) daß die Kampfstärke männlicher Soldaten sofort geschwächt würde, wenn eine Frau neben ihnen im Kampf (hin)fiele ... weil dann der männliche Beschützerinstinkt sofort ... und überhaupt der direkte Kampf-, also Tötungskonfrontation? Wie verträgt sich das Töten mit der schützenden Aufgabe der Frau?
Es ging hin und es ging her und nach dem mir vorliegenden persönlichen Bericht hatten die Offiziere alle Hände voll zu tun. Verzeihung: Alle Hirnwindungen voll zu tun. So eindrucksvoll kämpften die zehn jungen Frauen.
Christsein und Waffe? Dies Thema, nur noch einmal schüchtern vom Unterrichtsoffizier erinnert, ging unter. Wie so viele andere Themen, wenn das Thema ,,Mann und Frau" erstmal dran ist.
Aber was ist mit der Körperhygiene einer Frau bei Zwei-, Dreiwochenmanövern? will ein Offizier wissen. Die junge Frauenpower nimmt dies Thema erst recht nicht ganz ernst. Soll man wirklich noch Sport und andere Hochleistungsbereiche ins Feld der Argumentation führen? Noch schärfer wird mit Worten geschossen bei dem Thema ,,Frauen als Vorgesetzte". Die Frau müsste, sagt einer (von den Löwen) ihm erstmal beweisen, daß sie mit noch mehr Gepäck auf dem Rücken noch mehr Hürdenrunden noch schneller und noch länger schaffe-dann würde er keine Probleme haben. Mit Frauen. Mit Frauen als Vorgesetzten.
Da wurde die Kampfgruppe der zehn Schülerinnen erst richtig gut.
07. März 2000